Verfasst von: gdittrich | 22. September 2017

Simon, der Pharisäer

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Wer hat den Balken?

Lukas 7,36 Ein Pharisäer hatte Jesus zum Essen eingeladen. Jesus ging in sein Haus und legte sich zu Tisch.

Jesus hatte ja ein eher gespanntes Verhältnis zu Pharisäern; und doch lässt er sich weiterhin einladen.

37 In derselben Stadt lebte eine Frau, die als Prostituierte bekannt war. (wörtlich: eine Sünderin)

Konstruktion einer Konflikt- und Lehrsituation anhand zweier kontrastreicher Persönlichkeitstypen.

Als sie hörte, dass Jesus bei dem Pharisäer eingeladen war, kam sie mit einem Fläschchen voll kostbarem Salböl. 38 Weinend trat sie an das Fußende des Polsters, auf dem Jesus lag, und ihre Tränen fielen auf seine Füße. Mit ihren Haaren trocknete sie ihm die Füße ab, bedeckte sie mit Küssen und salbte sie mit dem Öl. 39 Als der Pharisäer, der Jesus eingeladen hatte, das sah, sagte er sich: »Wenn dieser Mann wirklich ein Prophet wäre, wüsste er, was für eine das ist, von der er sich da anfassen lässt! Er müsste wissen, dass sie eine Hure ist.«

Der Pharisäer – auch wenn er es nicht laut ausspricht – richtet über die Prostituierte und auch über Jesus.

40 Da sprach Jesus ihn an: »Simon, ich muss dir etwas sagen!« Simon sagte: »Lehrer, bitte sprich

Jesus spricht den Pharisäer nun namentlich an und drückt damit seine wohlwollende Absicht mit ihm aus.

41 Jesus begann: »Zwei Männer hatten Schulden bei einem Geldverleiher, der eine schuldete ihm fünfhundert Silberstücke, der andere fünfzig. 42 Weil keiner von ihnen zahlen konnte, erließ er beiden ihre Schulden. Welcher von ihnen wird wohl dankbarer sein?«

Das Gleichnis zeigt in aller Kürze, dass alle Menschen Schulden haben, mit Schuld und Sünde beladen sind; keiner ist gerecht

  • Paulus beschreibt es in desillusionierter Weise so: „Kein Mensch kann vor Gott als gerecht bestehen; kein Mensch hat Einsicht und fragt nach Gottes Willen. Alle haben den rechten Weg verlassen; verdorben sind sie alle, ausnahmslos. Niemand ist da, der Gutes tut, nicht einer. (Röm 3,1-10; nach Ps 14,1-3).

Auch der Pharisäer, der vielleicht meint, es reiche das Gros der Gesetzesvorschriften zu erfüllen, steht schuldig vor Gott da und bedarf der Sündenvergebung. Aber er hat es noch nicht verstanden und für sich angenommen.

Jesus sagt durch das Gleichnis, dass es Abstufung von Schuld gibt; beim einen ist die Verschuldung höher als beim anderen. Aber es liegt im Auge des Betrachters, welcher Gruppe man sich zuordnet. So zeigt das Gleichnis vom Balken und Splitter, dass man sich häufig genau auf der falschen Seite einordnet. Die Fehler des anderen bemerken wir gleich; und gleich wollen wir schon die Lösung beim anderen herbeiführen.

  • Lukas 6,41 Warum kümmerst du dich um den Splitter im Auge deines Bruders oder deiner Schwester und bemerkst nicht den Balken in deinem eigenen? 42 Wie kannst du zu deinem Bruder oder deiner Schwester sagen: ‚Komm her, Bruder; komm her, Schwester; ich will dir den Splitter aus dem Auge ziehen‘, und merkst gar nicht, dass du selbst einen ganzen Balken im Auge hast? Scheinheilig bist du! Zieh doch erst den Balken aus deinem eigenen Auge, dann kannst du dich um den Splitter in einem anderen Auge kümmern!«

Und auch bei dieser abendlichen Tischgemeinschaft im Hause des Simon verhält es sich so; Simon erhebt schnell vorverurteilende Anklagen. Doch Jesus zeigt ihm nun schonungslos auf, dass er selbst dieser mit dem Balken ist …

43 Simon antwortete: »Ich nehme an: der, der ihm mehr geschuldet hat.« »Du hast recht«, sagte Jesus. 44 Dann wies er auf die Frau und sagte zu Simon: »Sieh diese Frau an! Ich kam in dein Haus, und du hast mir kein Wasser für die Füße gereicht; sie aber hat mir die Füße mit Tränen gewaschen und mit ihren Haaren abgetrocknet. 45 Du gabst mir keinen Kuss zur Begrüßung, sie aber hat nicht aufgehört, mir die Füße zu küssen, seit ich hier bin. 46 Du hast meinen Kopf nicht mit Öl gesalbt, sie aber hat mir die Füße mit kostbarem Öl eingerieben. 47 Darum sage ich dir: Ihre große Schuld ist ihr vergeben worden. Eben deshalb hat sie mir soviel Liebe erwiesen. Wem wenig vergeben wird, der zeigt auch nur wenig Liebe.«

Jesus kritisiert Simon vor seinen Kollegen, Freuden in einer harten Generalabrechnung für die nachlässige, vernachlässigte Gastfreundschaft und stellt ihn öffentlich bloß. Denn in der orientalischen Gesellschaft besitzt Gastfreundschaft einen der höchsten Stellenwerte im gesellschaftlichen Miteinander.

48 Dann sagte Jesus zu der Frau: »Deine Schuld ist dir vergeben!« 49 Die anderen Gäste fragten einander: »Was ist das für ein Mensch, dass er sogar Sünden vergibt

Die anderen Gäste nehmen nun die anklagende Rolle ein, die Simon in Vers 39 noch vertrat. Sie haben vom Gleichnis nichts kapiert, verstehen nichts von Jesus liebend-rettenden Absichten, klagen ihn an und richten oberflächlich nach den Buchstaben des Gesetzes.

  • Gal 2,16a Aber wir wissen, dass kein Mensch deshalb vor Gott als gerecht bestehen kann, weil er das Gesetz befolgt. Nur die finden bei Gott Anerkennung, die in vertrauendem Glauben annehmen, was Gott durch Jesus Christus für uns getan hat.

Doch Simon sagt nichts mehr, d.h. er ist wohl nicht nur mundtot, sondern völlig am Boden zerstört. Warum brüskiert ihn Jesus dermaßen wie in einem grausamen Spiel? Aber vielleicht, um ihn genau auf diese Sünderrolle zu stoßen; erst wenn Simon einsieht und akzeptiert, dass er nach dem Geldverleiher-Gleichnis nicht zu den Wenig-zu-Vergebenden, sondern zu denjenigen mit den vielen Schulden gehört, dann erkennt er auch den Ausweg, nämlich sich ebenso wie die Prostituierte Vergebung von Gott schenken zu lassen.

50 Jesus aber sagte zu der Frau: »Dein Vertrauen hat dich gerettet. Geh in Frieden!«

Die Frau ist Simon bereits einen Schritt voraus; wird er ihr folgen und ebenso zerknirscht auf Jesus zugehen und sich demütig von ihm die Vergebung zusprechen lassen?

  • Gal 3,22 In den Heiligen Schriften heißt es aber, dass die gesamte Menschheit in der Gewalt der Sünde ist. Was Gott zugesagt hat, sollten die Menschen geschenkt bekommen aufgrund des Glaubens, nämlich des Vertrauens auf das, was Gott durch Jesus Christus getan hat. Alle, die darauf vertrauen, sollen es bekommen.

Wir können es genauso bekommen; wir brauchen nur einen Schritt auf Jesus zugehen … dann ist ein Neuanfang und ein Leben in Frieden möglich.


Antworten

  1. Hallo
    Mir ist aufgefallen, dass die angegebene Bibelstelle Mk 7,4 nicht der richtige Text ist. Es ist eher Mt 7,3. Herzliche Grüsse

    • Hallo, klasse, Danke für den Hinweis, werde es ändern, liebe Grüße


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